Sachverständigenbüro für Architekten-
und Ingenieurhonorare

Gepostet am 13.03.2018

Auslösen des Sonderkündigungsrechts durch Übergabe der Ergebnisse aus der Zielfindungsphase mit Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbrauchern; Fristsetzung

Mit der Zielfindungsphase eng verknüpft ist das dem Auftraggeber in § 650 r BGB eingeräumte Sonderkündigungsrecht. Demnach kann der Auftraggeber einen bereits geschlossenen Architektenvertrag nach Vorlage der in der Zielfindungsphase zu erstellenden Unterlagen kündigen. Dieses Sonderkündigungsrecht besteht selbst dann, wenn der Architekt bereits mit der sog. „Vollarchitektur“ (Leistungsphase 1-9) beauftragt ist. Macht der Auftraggeber von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, hat der Architekt keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn. Er ist lediglich berechtigt, eine Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zu verlangen (§ 650 r Abs. 3 BGB).

Das Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers erlischt grundsätzlich 14 Tage nach Vorlage der in der Zielfindungsphase zu erstellenden Unterlagen. Ist der Vertragspartner aber ein Verbraucher, beginnt diese Frist erst dann zu laufen, wenn der Architekt ihn bei Vorlage der Unterlagen in Textform über

  • das Kündigungsrecht,
  • die Kündigungsfrist,
  • die Rechtsfolgen der Kündigung

informiert hat (§ 650 r Abs.1 S.2 BGB). Diese Belehrung ist zwingend einzuhalten und kann nicht nachgeholt werden10. Wird sie also vergessen oder erfolgt sie zu spät, droht ein unbegrenztes Kündigungsrecht auf Seiten des Verbrauchers.11

Wann ist die Zielfindungsphase nötig?

Hauptanwendungsbereich wird meist der mit einem Verbraucher geschlossene Architekten- und Ingenieurvertrag sein8, sofern dieser seine Ziele noch nicht bereits ermittelt hat und ihm die hierfür erforderlichen Kosten noch nicht bekannt sind.

Bei öffentlichen Auftraggebern sind bereits vor der Reform des Bauvertragsrechts Bedarfsermittlungen oftmals zur Voraussetzung für die Ausschreibung gemacht und mit einer eigenen Honorarvereinbarung versehen worden. Manche Auftraggeber geben aufgrund ihrer Erfahrung bereits ein konkretes Raum- und/oder Funktionsprogramm einschließlich qualitativer und quantitativer Vorgaben sowie eines entsprechenden Kostenrahmens für die vorgesehene Maßnahme vor. Sind in solchen Bedarfsermittlungen die wesentlichen Planungsziele festgelegt, hat der Architekt seine Pflichten aus § 650 p Abs. 2 BGB bereits erfüllt9. Die „Zielfindungsphase“ ist dann entbehrlich. Sollten die Ziele jedoch nicht bekannt sein, ist eine Planungsgrundlage auch im sog. B2B-Vertragsverhältnis erforderlich.

Fachplaner sollten überprüfen, ob nicht durch Vorleistung eines Architekten die Planungs- und Überwachungsziele des Vorhabens bzw. der Maßnahme bereits definiert sind und die Zielfindungsphase somit entbehrlich wird.

10 Bt-Drucks 18/8486, S.67.
11 Kritisch hierzu, da zu weitgehend: Decker, ZfBR2017, 523, 539.

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Frau Dipl.-Ing. Elisabeth Heinemann steht Ihnen bei weiterführenden Fragen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie Kontakt auf.

Hier finden Sie die Checkliste zur Ermittlung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele bei Planungsleistungen für das Leistungsbild Gebäude als PDF zum Download.

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