Sachverständigenbüro für Architekten-
und Ingenieurhonorare

Gepostet am 01.10.2020

EuGH Urteil zur HOAI: Auswirkungen auf bestehende Verträge, was tun bei Neuverträgen und Ausblick für die Zukunft – Kommt die HOAI 2021?

Autorin:
Elisabeth Heinemann, Dipl.-Ing-Architektin

Am 4. Juli 2019 hat der Europäische Gerichtshof das verbindliche Preisrecht der HOAI – der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – gekippt. Seither haben verschiedene Gerichte unterschiedlich über die Anwendung des bisherigen Preisrechts geurteilt. Viele Architekten und Ingenieure sind derzeit verunsichert, aber auch ihre Auftraggeber. Was gilt nun für bestehende Verträge? Wie können Neuverträge honorarsicher geschlossen werden und kommt nun eine neue HOAI? Wenn ja, wann wird die neue HOAI kommen und mit welchen Änderungen?

Der Europäische Gerichtshof hat in einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 4. Juli 2019 das verbindliche Preisrecht der HOAI –Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – gekippt. Seither haben verschiedene Gerichte unterschiedlich über die Anwendung des bisherigen Preisrechts geurteilt. Selbst der BGH konnte bislang zu keinem abschließenden Urteil über die Anwendbarkeit der Mindestsätze und der Rückfallregelung das § 7 Abs. 5 HOAI gelangen. Viele Architekten und Ingenieure sind derzeit verunsichert. Das gilt auch für ihre Auftraggeber. Das Wichtigste zum aktuellen Stand habe ich hier zusammengefasst.

Bei bestehenden Verträgen mit Vereinbarung der HOAI

Ist die HOAI als Honorarberechnungsgrundlage vereinbart, ändert sich für die Parteien nichts. Es gilt die HOAI in der vereinbarten Fassung.

Schriftliche Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze

Eine schriftliche Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze war bis zur EuGH Entscheidung nicht verordnungskonform. Der Planer konnte bis dato trotz anderslautender Vereinbarungen die Mindestsätze verlangen. Sogenannte Aufstockungsklagen kann es, sofern der BGH darüber nicht anders entscheidet, nun nicht mehr geben. Die schriftliche Honorarvereinbarung mit Honoraren unter den Mindestsätzen ist wirksam und für beide Parteien bindend.

Vertragsverhältnis ohne Honorarvereinbarung

Wenn keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen wurde galt bislang § 7 Abs. 5 HOAI, also die Anwendung der Mindestsätze. Hierüber besteht nun Rechtsunsicherheit. Verschiedene Gerichte kamen aufgrund des EuGH Urteils über das verbindliche Preisrecht (§ 7 Abs. 1 HOAI) zu unterschiedlichen, sogar zu entgegengesetzten Rechtsauffassungen. Das gilt auch für das Schriftformerfordernis und den Mindest-Umbauzuschlag (§ 6 Abs. 2 HOAI). Eine Entscheidung des BGH darüber, ob die Anwendung der HOAI vorerst und bis zum Inkrafttreten einer neuen Fassung der HOAI möglicherweise doch noch Gültigkeit hat, steht noch aus.

Doch wie reagiert man auf diese Rechtsunsicherheit der Praxis? Im Fall der Nichtanwendung der HOAI würde § 632 BGB greifen, womit der Planer Anspruch auf die „übliche Vergütung“ hat. Üblich ist was für „für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistung nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung“ (IBR 2014, 30 basierend auf BGH, Urteil 26.10.2000–VII ZR 239/98) vergütet werden würde. Auch wenn die Mindestsätze nicht unüblich sind, sie entsprechen nicht zwangsläufig der üblichen Vergütung. Diese kann sowohl höher ausfallen, als auch darunter liegen. Welche Vergütung üblich ist, ist immer abhängig vom Einzelfall, weshalb eine pauschale Antwort bezüglich der Üblichkeit von Honoraren nicht möglich ist.

Auch wenn über die Anwendung der Rückfallregelung und des Mindest-Umbauzuschlags juristisch noch gestritten wird, empfiehlt sich für die Praxis zunächst weiterhin den § 7 Abs. 5 HOAI anzuwenden und auf Basis dieser Regelung (nach Abnahme der Planungs- und Überwachungsleistungen) eine (prüffähige!) Schlussrechnung auf Grundlage des Mindestsatzes zu erstellen. Somit wird die Vergütung jedenfalls fällig, auch wenn über die konkrete Höhe der Vergütung dann noch Uneinigkeit bestehen mag. Auch wenn die übliche Vergütung von verschiedenen Faktoren abhängig ist und immer fallbezogen zu ermitteln sein wird, sind Mindestsätze jedenfalls nicht völlig unüblich. Im Streitfall werden Gerichte nach einem Sachverständigengutachten über die Höhe der „üblichen Vergütung“ entscheiden, wenn keine außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien erzielt werden kann.

Noch verbleibt die Möglichkeit, dass der BGH nächstes Jahr darüber entscheidet, dass die HOAI 2013 zwischen „privaten“ oder bei bestehenden Verträgen noch so lange Gültigkeit hat, bis die Bundesregierung die Vergütungsregeln an die Vorgaben der Dienstleistungsrichtlinie angepasst hat. Aber es kann auch anders kommen. Wenn Sie nun vor der BGH-Entscheidung oder später aufgrund dieser wissen möchten, ob Ihre berechnete Vergütung oder das berechnete Honorar Ihres Planers gem. § 632 BGB „üblich“ ist, können Sie auch ein Sachverständigengutachten darüber beauftragen.

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Frau Dipl.-Ing. Elisabeth Heinemann steht Ihnen bei weiterführenden Fragen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie Kontakt auf.

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